Vor etwas mehr als einem Jahr ist das erste Video von „ambulant bloggt“ online gegangen, zu sehen ist neben einer Yucca-Palme, einem Biedermeier-Tischchen und einer Lampe, die an den Lichtkunst-Pionier Otto Piene denken lässt, einen sympathischen Kerl in marineblauem VANS T-Shirt: Tobias Plonka, der Vlogger, dessen originellen, teils absurd-witzigen Videos seines Pflege- und Gesundheitskanals ihn innerhalb kurzer Zeit zu branchenweiter Bekanntheit verhalfen: Videos, die teilweise über 100.000 Mal gesehen wurden, fast 3000 Abonnenten. Und vor wenigen Tagen dann der Ritterschlag: Der YouTuber durfte dem Gesundheitsminister Jens Spahn drei Fragen stellen. Wir, bei WUNDEX, sind Fans seines Kanals, zudem Kooperationspartner. In der Vergangenheit befragte Plonka unsere Wundexperten, jetzt waren wir an der Reihe: ein Interview mit dem 35-jährigen Vlogger. Treffpunkt: Die Ambulante Pflege „Am Kaiserberg“, der Arbeitgeber von Tobias Plonka, deren eindrucksvolle Geschäftsräume sich in der ehemaligen russischen Botschaft in Duisburg befinden. Plonka, das sei an dieser Stelle angemerkt, hat uns, die Interviewer, zuvor noch nicht persönlich kennengelernt, wir ihn hingegen schon. Zumindestens haben wir das Gefühl, ihn durch seine Videos zu kennen - eine einseitige Beziehung - so wird schnell klar. Kurz vor unserem Eintreffen hat ein Team-Meeting des Pflegedienstes stattgefunden, großes Stühlerücken, überall Menschen, darunter auch Tobias Plonka, den wir erst durch zaghafte Rufe auf uns aufmerksam machen können. Nach kurzem Small Talk, dann knallharter Real Talk im Zimmer seines Chefs. „Ich arbeite mit einer halben Stelle hier beim Pflegedienst, mache quasi ganz offiziell 10 Stunden pro Woche für „ambulant bloggt“, also insgesamt 40 im Monat, arbeite demnach auf eigenem Wunsch hin noch 10 Stunden in der Pflege. Das finde ich wichtig, damit ich das, was ich da in meinen Videos erzähle, tatsächlich auch verkörpere, es macht mir aber auch Spaß“, so Plonka. Später folgte eine Ausbildung als Altenpfleger. Dort wurde die Basis für alle jene grandiosen Videos gelegt, in denen der Vlogger Pflege und Musik fusioniert. „Ich habe mir oftmals meine Gitarre geschnappt, um mit den Bewohnern des Altenheims zu freestylen“, so erläutert Plonka. „Mit Musik kann man alles transportieren! Musik ist eine Sprache, die jeder versteht! Musik verbindet uns alle!“. Plonka, so verrät er uns, hatte sogar mal einen Plattenvertrag bei einem Independent-Label. Das Album seines Hip Hop Projekts C.T.T.G (Cradle To The Grave), wurde in Deutschland, Österreich und der Schweiz verkauft. „Doch wir sind mega-mäßig gefloppt“, so Plonka schmunzelnd. In einem besonders gelungenen Video (Nitril Rap - Latex Allergie Remix) rappt der Vlogger über die Vorteile von Nitril-Handschuhen. „Darüber, also über die Vorteile von Nitril-Handschuhen, ging es lustigerweise eben gerade noch unter anderem in unserem Meeting“, so Plonka. „Auch wenn es mal witzig wird, ist es mir wichtig, dass es immer zu einem echten Mehrwert für den Zuschauer kommt, dass relevante Inhalte vermittelt werden“. Als der Vlogger dem Gesundheitsminister drei Fragen stellen durfte, auf die Jens Spahn per Videoschalte antwortete, war unter anderem die folgende Frage dabei, die wir so gut fanden, dass wir sie auch Plonka stellen mussten: Wie würdest du die Herausforderung ‚Pflegenotstand‘ in Hinblick auf den demografischen Wandel lösen? „Ich denke, dass wir mehr positive Impulse brauchen, es wird sehr, sehr viel gemeckert, es wird sehr, sehr viel auf Missstände in der Pflege aufmerksam gemacht. Grundsätzlich ist das natürlich auch richtig, aber man müsste verstärkt zeigen, was unseren Beruf überhaupt ausmacht, welche positiven Eigenschaften der Beruf mit sich bringt, dafür nutze ich „ambulant bloggt“. Oft gerät in Vergessenheit, dass wir einen komplexen, anspruchsvollen, abwechslungsreichen Beruf machen, der natürlich unter schwierigen Bedingungen stattfindet, aber wir sind natürlich diejenigen, die diese Bedingungen ändern können“. Zum Abschluss unseres Gesprächs wollen wir noch von Plonka wissen, inwiefern ihn sein Vater-Dasein, er ist Vater einer 5-jährigen Tochter und eines 2-jährigen Sohnes, in seinem Verantwortungsbewusstsein in Hinblick auf Nachhaltigkeit beeinflusst hat. „Ich mache mir total viele Gedanken, wie ich meinen Kindern diese Welt hinterlasse, ich möchte ihnen auch die Möglichkeit geben, das Leben zu führen, wie ich es führe, und ich denke, dass wir jetzt Verantwortung übernehmen müssen. Ich wünsche mir, dass wir mehr zu unseren Wurzeln zurückkehren. Und dass wir ein bisschen mehr darauf achten, was wir konsumieren. Ich kaufe beispielsweise Comics, wenn auch Second Hand, trotzdem nicht cool. Wenn ich eine Sache mache, die scheiße ist, dann versuche ich, dafür 20 Sachen zu machen, die das dann wiederum ausgleichen“, so Plonka. „Sind denn Comics so schlimm?“ ich, der Interviewer etwas verdutzt. „Gott würde es mir sicherlich vergeben“, so der Vlogger lachend. Tobias Plonka - ein guter Mann - da besteht kein Zweifel.